NCN 2019 - Genreübergreifendes Musikspektrum der dunklen Musik |
Geschrieben von: Wolfgang Hesse |
Dienstag, den 17. September 2019 um 00:00 Uhr |
Die 14. Nocturnal Culture Night (NCN) lockte tausende Besucher erneut zu einem entspannten spätsommerlichen Musikfestival nach Deutzen bei Leipzig.Für viele Besucher waren die ernsten und persönlichen Worte von Holger Troisch auf der ersten Seite des Programmheftes zum 14. NCN in Deutzen wohl ein kleiner Schock. "Wir können nur so stark sein, wie ihr zu uns haltet", heißt es da. "Was wird aus dem NCN?" hörte man bisweilen in den Gesprächen. Das Signal der Besucher an Holger war unmissverständlich. Das NCN ist und bleibt eines der schönsten Festivals in Deutschland. Gerade die Vielfalt an Musikrichtungen, die Mischung von einigen Headlinern mit vorwiegend unbekannteren Bands der Szene und wahren Leckerbissen, insbesondere des Synth Pop der 1980-er Jahre hat das NCN seit Jahren zu einem etwas anderen Festival werden lassen. Das soll auch so bleiben, so versprach der NCN-Teamchef nach dem letzten Ton von Covenant, die den krönenden Abschluss des letzten Tages des Festivals bildeten. Erste Bands, wie Midge Ure mit dem Ultravox-Album Vienna oder Vissage mit den größten Hits machen heute schon Lust auf die 15. Aufgabe. Kommerz und ein Line-Up analog des Mera Luna soll und wird es mit Holger nicht geben. Die Besonderheit und seinen eigenen Stil möchte sich der Veranstalter bewahren, auch wenn er damit allein stehen sollte. Er betonte, dass hinter ihm ein ganz fantastisches Team stehe, auf das er auch weiterhin bauen möchte. Sicher ist auf jeden Fall eins: Das 15. NCN in einem Jahr, am ersten Septemberwochenende vom 3. bis 6. September, wird es geben! Wie das 14. NCN und die vergangenen Auflagen bei den Besuchern angekommen sind, haben wir in einer kleinen Umfrage eingefangen. Die Musikwünsche unserer Gesprächspartner sind bereits in der Sendung "Die Welt der dunklen Musik" am 14. und in der Wiederholung am 22. September erfüllt worden.
Ausführliche Bildergalerie: --> hier <-- Vielen Dank an das NCN-Team für Akkreditierung und Fotoerlaubnis!Auf dem Youtube-Kanal von Schwarz und Verwest ist das folgendes Video zu finden, dass einen guten Überblick über die Bands und die Stimmung beim 14. NCN in Deutzen vermittelt:
Der NCN-Freitag – von Neofolk über Gothic-Rock bis zu harter ElektronikBeginnen sollte das NCN mit einem Lokalmatador. Kälte, das ist Sven Martin aus Leipzig. Er brachte seine eigenen Songs aus dem Genre Darkfolk/Neofolk zu Gehör. Musik und Texte voller Melancholie gehen unter die Haut. Songs zur Gitarre untermalt von diversen elektronischen Sounds portieren die tiefen, teilweise philosophischen Texte zu den Zuhörern. Die Songs "In Eis", "Wald der Rache" und "In den Hallen" stammen von den aktuellen EP. Viel Beifall gab es für Kaelte auf der Kulturbühne. Gleich um die Ecke eröffneten A Projection den musikalischen Reigen auf der Parkbühne. Sie präsentierten eine Mischung aus New Wave und Post-Punk. Rockig mit einem Hauch Dunkelheit und Melancholie, so kommen die eingängigen Songs der fünf Schweden daher. Dabei geht es weniger elektronisch zu, wie man bisweilen von den skandinavischen Bands gewohnt ist. Überwiegend kamen die Songs aus dem 2017-er Album Framework. Les Berrtas eröffneten die Konzertfolge auf der Weidenbogenbühne, sehr romantisch mitten im Grün gelegen. Deutsche Texte und elektronische Melodien, die eine interessante Mischung aus Darkwave, dem Oldshool-EBM und dem Dark Elektro darstellen und die Besucher begeisterten. "Knochenschäler", so heißt das aktuelle Album aus dem Jahre 2016 des Würzburger Duos. Im Vorbericht zum diesjährigen NCN könnt ihr das Gespräch mit Scream Silence nachhören: Gute Bekannte und Neuentdeckungen kennzeichnen den Freitag, den ersten Festivaltag
Insgesamt 17 Bands und Künstler konnten am Freitag, dem 6. September im Kulturpark Deutzen erlebt werden. Etwas ganz anderes, jedoch Spektakuläres hatten Placebo Effect mitgebracht. Mit einer Grubenlampe und Dornenkrone stürmte Frontmann Axel auf die Bühne. Die Show hätte auch einem Horrorfilm entlehnt sein können. Eins haben Placebo Effect jedoch erreicht. Diese Show ist vielen in Erinnerung geblieben. Ob das mit deren Musik ebenso gewesen ist? Zumindest war in Deutzen einer der wenigen Auftritte, die die Band seit ihrer kreativen Schaffensphase Mitte der 90-er Jahre absolvierte. Viel Publikum haben Lizette Lizette vor die Parkbühne gezogen. Wohl gesteigertes Interesse oder die Erinnerung an ein Jahr zuvor waren dafür ausschlaggebend. Frontfrau und Sängerin Lizette Nordahl mit viel Lippenstift und einem großen Nasenring zieht alle Blicke auf sich. Die eindrucksvolle Stimme und ihre Ausstrahlung sind es, die die Zuhörer begeistern. Ihre Musik ist eine Mischung aus Pop und Rock mit 80-er Einflüsse. Ihren Sound nennt sie selbst Queerbody, und so lautet auch der Titel ihrer CD. Anfang des Jahres hat die Stockholmerin ein weiteres Album mit dem Namen NON veröffentlicht. Ein Konzert Marathon von 11 Uhr bis tief in die Nacht – das war der zweite Festivaltag beim 14. NCN
Sage und schreibe, 25 Bands, Künstler und Acts präsentierten sich am Samstag, 7. September auf den vier Bühnen im Kulturpark Deutzen. Den Anfang machte ein interessantes deutsches Projekt Hätzer um den Jäger 90 Erfinder Thoralf Dietrich. Mit einer Fliegenkopfmaske erinnerte er an die Kultfilme über "die Fliege". Doch ist bei Hätzer nicht der Transponder für die Umwandlung schuld, sondern Dietrich selbst. Der Sound, überraschend melodisch für dieses Outfit, ist stampfender Dark Elektro unterstützt durch Schlagzeug, das von Marcel Lüke getrommelt wird. The Arch kommen aus Belgien und das Erscheinen ihrer Debüt-LP geht bis in das Jahr 1987 zurück. In all den Jahren bis heute hat sich der Sound stetig weiterentwickelt, wenn die Songs jetzt mehr elektronische Aspekte enthalten. Zu hören waren die Unterschiede zum Beispiel bei den Songs "Babsi ist Tot" oder "Ribdancer", zwei der bekanntesten Nummern der Band.
Wer gern Neofolk hört, kommt an Har Belex beim 14. NCN nicht vorbei. Eigentlich kommen Salva Mainé und PAIL (alias Manix Salazar) aus dem EBM. Vielleicht ist diese Erfahrung gar nicht so schlecht, wenn man sich den akustischen Gitarren, melancholischen Violinen und treibenden Trommeln widmet. Herauskommt ein Sound, der klassische Instrumentierung mit elektronische Samples und mit einer emotionalen Stimme paart. Viel Aufmerksamkeit erhielt die Band, die Songs in Englisch, Spanisch, Deutsch und Baskisch interpretierten. Viel Zuspruch erhielten Neuroticfish auf der Amphibühne. Das Projekt von Sasha Mario Klein und Henning Verlage scheint ein Begriff für viele NCN-Besucher zu sein. Der eingängige elektronische Sound und die tiefe emotionale Stimme reißen mit. Sänger Sascha freut sich über die vielen Besucher, die gerade dieses Konzert sehen wollen. Neben Songs vom aktuellen Album "Antidoron" gab es auch die neu ausgekoppelte Single Fluchtindex zu hören. Die Freude war den beiden Musikern anzusehen und sie denken bestimmt gern an diesen ersten Auftritt auf dem NCN zurück. Auch Faderhead gehört zu den Bekannten, zumindest bei vielen NCN-Besuchern. Die Band begleitete Szenegrößen, wie Project Pitchfork auf ihrer Tour. Am Festivalsamstag gehört ihnen allein die Weidenbogenbühne. Von der ersten Sekunde beherrscht Sänger Sami Mark Yahya die Bühne. Er ist hier, er ist da und bringt ohne Mühe die immer zahlreicher werdenden Besucher vor der Bühne in Stimmung. Songs aus dem aktuellen Album "Night Physics" bestimmte das Set. Zur Überraschung der Anwesenden erklangen auch zwei neue Song, "The Other Side Of Doom" und "From His Broken Bones" vom neues Album, das am 4. Oktober erscheint und den Namen "Asteria" tragen wird. Zu erwähnen sei der immer wieder faszinierende Auftritt von Clan of Xymox mit dem Wahlleipziger Ronny Moorings am Gesang. Der Sound der 1980-er Jahre ist und bleibt wie immer mitreißend und hat die Band zu einer der erfolgreichsten Dark-Wave-Formationen gemacht. Der nächste Knall folgte hier auf der Amphibühne gleich im Anschluss. In Strict Confidence hatten sich angesagt und auch diese Band aus dem Bereich Elektro hat wohl eine große Anhängerschaft in der schwarzen Musikszene. Grob geschätzt hatte die Band fast alle Besucher des NCN vor ihrer Bühne versammelt. Nun zumindest den Anschein hatte es. Die deutsche Elektro-Band, die 1989 unter dem Namen "Seal of Secrecy" gegründet wurde hatte ein sehr abwechslungsreiches Repertoire mitgebracht. Neue Songs und Klassiker wechselten sich ab. Gitarristin Haydee Sparks begleitete auf dunkler Bühne den Song Zauberschloss mit ihrem Flügeltanz. Trotz heftigen Regenguss ließen sich die Fans vor der Bühne nicht beirren, tanzten und feierten die Band bis zum letzten Ton, so dass sich Dennis auch vor die Bühne wagte und sich ebenfalls nass regnen ließ. Für viele ein unbedingtes Muss, dass waren She Past Away, die für die Parkbühne vorgesehen waren. Die Band aus Bursa, der Türkei, besteht aus Volkan Caner und Dorik Ötztürkcan. Musikalisch bewegt sich der Sound von She past away zwischen Post Punk, Darkwave und Gothic Rock. Die Vokals sind in Türkisch, der Sound ist klar, die Stimmlage tief. Während der Regen langsam nachlässt bewegen sich die Zuhörer sanft nach dem Sound der Songs, die von der Dunkelheit inspiriert scheinen. Der Höhepunkt am zweiten Festivaltag sind Laibach. Die Musik der Band ist schwer zu beschreiben, so unterschiedlich sind die verschiedenen Songs der langen Schaffensperiode. Natürlich können sich einige der Besucher noch an den Auftritt aus dem Jahre 2014 zum 9. NCN erinnern. Eine Band der besonderen Art, um genau zu sein der Slowenischen Kunst (NSK) aus Ljubljana, Slowenien, wissen seit 1980 zu provozieren. Die Band hat verschiedene staatliche Machtstrukturen in ihrer Heimat überlebt und überrascht in Deutzen mit einer Mischung aus ins Ohr gehenden Songs und experimentellen Klangcollagen.
Dabei stehen Songs des Album "Spectre" aus dem Jahre 2014 im Mittelpunkt der Songauswahl. Aber auch "Alle gegen alle" aus dem Jahre 1994 steht auf der Agenda. Die Songs sind impulsiv, reißen mit oder regen einfach zum Tanzen an. Eine Kritik an den NSA-Spähattacken liegt dem Song "The Whistleblowers" zugrunde. Aber auch "Americana", "Resistance Is futile" (Blitzkrieg) und "Eurovision" können beim NCN14 live überzeugen. Der Sound ist klar und am Bühnenhintergrund laufen Filme, Filmausschnitte, Videosequenzen, aber auch Comics mit Bezug zu den jeweiligen Songs. Texte und Bilder sind ein Appell an alle, einfach einmal genauer hinzuschauen. Die Band um Frontmann Milan Fras, der Mann mit der außergewöhnlich tiefen Stimme, wird frenetisch umjubelt.
Auch der dritte Festivaltag begeisterte mit einem abwechslungsreichen MusikspektrumDer dritte Festivaltag startet mit Atomic Neon auf der Weidenbogenbühne und Any Leave auf der Parkbühne. Zum einem gibt es Post Punk, Goth Rock und Wave. Obwohl Atomic Neon aufgrund des melancholischen Gesangs des Sängers Rio Black oft mit The Cure verglichen wird, haben sie ihren eigenen bemerkenswert originellen Stil entwickelt, der auf einer Vielzahl von Einflüssen basiert. Gitarrengetriebene, liedorientierte harmonische Strukturen gepaart mit dunklen, atmosphärischen Orchesterklanglandschaften passen perfekt zu den düsteren, aber leidenschaftlich poetischen Texten von Rio Black. Any Leave im Gegensatz ist ein Solo-Projekt um Karin Henning, ehemals Teil von En Suite Cabinet. Nach einigen Song bei verschiedenen Compilations veröffentlichte sie schließlich im Februar 2019 ihr Debütalbum "Moving In Certain Pattern". Der Stil ist Synthie/EBM/Industrial Sound mit Sprachgesang und erinnert in der Art ein wenig an Anne Clark, doch die Stimme ist grundlegend anders. Beim 14. NCN in Deutzen wird sie von befreundeten Musikern auf der Bühne unterstützt. Plastic Autumn konnten Oswald Henke (Goethes Erben) auf der Bühne begrüßen. Er sang den Titel "Ich fang dich", der auf dem aktuellen Album der Band mit dem Namen Mortality so eingespielt wurde. Holger, der Veranstalter erfüllt sich mit Größen Namen aus den 1980-er Jahren auch persönlich einen Traum, die Künstler nach Deutzen zu holen. Wie im letzten Jahr Propaganda duften sich die Besucher beim 14. NCN auf Heaven 17 freuen. Bekannt geworden mit ihrem Megahit "Temptation" haben die Briten noch eine ganze Reihe mehr eingängige Songs aus den 80-ern mitgebracht. Beim NCN präsentierten sie übrigens eine spezielle NCN-Version dieses Klassikers. In den 1980-er Jahren avancierten sie zur coolsten Band Englands und ihr Synthpop wurde legendär. Doch nicht nur die Musik ließ aufhorchen. Mit ihren gesellschaftskritischen Texten nahmen sie direkten Bezug zum Establishment. In großer Besetzung mit zwei Sängerinnen im Background ließen sie jeden Song zum Bestseller werden. Die Fans in den ersten Reihen dankten das der Band mit textsicherem Mitsingen. "Play to Win" oder "Let me go" zählten darunter. Frontmann Glenn Gregory freute sich sichtlich über die Euphorie, die im Halbrund vor der Amphibühne herrschte. So zogen Regenschutz und Schirme vor den Bühnen ein. Ein Stimmungstief war jedoch nicht zu verzeichnen. Auf der Parkbühne sorgten The KVB aus London für ein Aha-Erlebnis. Für viele erwies sich diese Band als Neuentdeckung. Gitarrist und Sänger Nicholas Wood und Keyboarderin Kat Day zogen mit ihren eingängigen Sound im Darkwave die Zuhörer in ihren Bann. Unterdessen drängelten sich die Fans im Regenmantel vor der Weidenbogenbühne, wo De/Vision eine fantastische Show ablieferten. Eine 30-jährige Bandgeschichte liegt hinter den Duo Steffen Keth und Keyboarder Thomas Adam. Richtige Ohwürmer sind in dieser Zeit entstanden und De/Vision hat sich einen festen Platz im deutschen Synth Pop erspielt. Belohnt wurden die beiden Musiker durch ein jubelndes Publikum, die fast jeden Song kannten. Ob nun Hits wie "Time to Forget" oder Songs vom Doppelalbum aus den Jahre 2018 mit dem Titel "Citybeats", jeder Song fand sein Publikum. Dieses Konzert war der perfekte Übergang zum Headliner an diesem Abend, Covenant. |